DANIEL NERLICH: Liebe Frau Rupp, Sie sind seit rund einem Jahr bei IBM und verantworten dort das Consulting-Geschäft in der DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) Region. Wie fällt Ihr Zwischenfazit zum ersten Jahr aus?
CHRISTINE RUPP: Es war ein klasse Jahr! Spannend, intensiv und vor allem von sehr viel Begeisterung geprägt. Begeisterung über die Dinge, die ich hier bei IBM vorgefunden habe: Zum einen die technologische Tiefe von meinen Kolleginnen und Kollegen. Zum anderen fand ich bei IBM „global scale“ – einen echten globalen Player, der unsere Klienten 24/7 exzellent begleiten kann – rund um den Globus. Und dann ist da selbstverständlich noch das Balancieren der makro-ökonomischen Rahmenbedingungen zu nennen: Wir als IBM unterstützen unsere Klienten in zentralen transformatorischen und infrastrukturkritischen Themen – diese sind in solchen Phasen wichtiger denn je.
Welche Strategie verfolgen Sie beim Ausbau von IBM Consulting?
Unsere Strategie bei IBM Consulting ist zunächst einmal klar geprägt von Wachstum und einer weiteren Schärfung der Positionierung – und dies basiert auf der Strategie der IBM insgesamt. Wir haben einen klaren Fokus auf Technologie, Künstliche Intelligenz (KI) und Hybrid Cloud und wir sind positioniert als umfassender business- und technologie-seitiger Transformationspartner für unsere Klienten. Zugleich weisen wir eine fachliche Tiefe im Bereich Cloud-Business auf. Hierbei arbeiten wir sehr eng mit unseren Partnern im Ökosystem zusammen – insbesondere Hyperscalern oder Independent Software Vendors (ISV) – und selbstverständlich mit unseren Kollegen der IBM Technology. Das alles zusammen genommen ergibt ein sehr rundes Bild.
Sehen Sie ein Portfoliomanagement und die Konzentration auf wenige Themenbereiche als möglichen Trend, auf den andere große Beratungsunternehmen wie die Big Four, Accenture & Co. zukünftig ebenfalls einlenken werden?
Aus meiner Sicht ist eine klare Positionierung für alle Unternehmen – auch für Beratungsunternehmen – von zentraler Bedeutung. Bei IBM sehen wir Technologie, KI und Hybrid Cloud als die Themen der Zeit und darin möchten wir exzellent positioniert sein. Wir setzen hierbei sehr stark auf die Erfahrung und Kompetenz unserer Mitarbeitenden in genau diesen Themen.
„Bei IBM sehen wir Technologie, KI und Hybrid Cloud als die Themen der Zeit.“
In allen Medien ist nachzulesen, dass die Pandemie und die makro-ökonomischen Rahmenbedingungen absolute Taktgeber für die Digitalisierung und Automatisierung sind. Insofern ist diese Positionierung und Strategie exakt richtig.
Haben Sie eine persönliche Führungsvision in Ihre Rolle eingebracht? Wie fühlt es sich an, bei IBM Consulting zu arbeiten?
Für mich gibt es zwei sehr klare Leitlinien für ein erfolgreiches Consulting-Geschäft. Ich nenne es: „Clients first und People first“! Das bedeutet zum einen, dass unsere Klienten im Mittelpunkt dessen stehen, was wir machen. Ich habe vorhin von unserem Ökosystem-Ansatz gesprochen und ich glaube, dass es insbesondere in diesem Zusammenhang wichtig ist, die Kunden ins Zentrum zu stellen und zu hinterfragen: welche Lösungen die richtigen sind und den maximalen Business Value bieten. Dies können unsere eigenen Lösungen wie die IBM Cloud sein, das können aber auch Lösungen von anderen Hyperscalern oder ISVs sein.
Auf der anderen Seite heißt es aber auch „People first“, denn am Ende sind wir alle im Bereich Professional Services nichts ohne unsere Mitarbeitenden. Ich habe ein fabelhaftes Team mit tiefgehenden Kompetenzen und mit einem tollen Spirit. Es macht wirklich große Freude, mit dem Team zusammen zu arbeiten.
Wenn Sie mich also nach meiner persönlichen Signatur fragen, dann eindeutig: „Clients first and People first“.
Sie haben in Ihrer Karriere unterschiedliche Beratungsorganisationen kennenlernen können: Booz & Company, durch den Verkauf später auch Strategy& und die PwC-Plattform sowie zuletzt Deloitte. Gibt es aus Ihrer Sicht signifikante Unterschiede zwischen Ihren vorherigen Arbeitgebern und IBM?
Ich möchte ungern über andere sprechen – es gibt schließlich viele tolle Akteure im Markt. Stattdessen möchte ich gerne darüber sprechen, was IBM besonders sein lässt. IBM ist einer der ganz wenigen Player, die ein wirklich umfassendes Angebot machen können. Hier möchte ich gerne vier Facetten herausgreifen: Das eine betrifft die technische Tiefe in unseren Themenfeldern. Zum zweiten die Fähigkeit, Transformationen Ende zu Ende begleiten zu können, also nicht nur in einzelnen Disziplinen wie beispielsweise in der Strategieberatung. Wir können Business- und Technologietransformationen begleiten –business-led und tech-enabled – wir können aber auch auch den Betrieb für unsere Klienten übernehmen.
Als Drittes wäre unsere Offenheit als Ökosystem-Player zu nennen, wo wir die Stärken unserer Partner zentral in den Vordergrund stellen und damit kombinieren, welche Fähigkeiten wir als IBM Consulting zusammen mit der IBM Technologie zu bieten haben. Zu guter Letzt ist da noch unsere Industriefokussierung, also die industriespezifischen Plattformen wie beispielsweise im Bereich Health, Insurance oder Banking. Insofern nicht nur eine industriekonzeptionelle Fähigkeit, sondern eine wirkliche Industrie-Plattform-Kompetenz.
Dies sind aus meiner Sicht die wichtigsten Unterschiede, die IBM auszeichnen, und wenn ich es mit einem Begriff zusammenfassen darf: Relevanz. Relevanz in systemkritischen und innovativen Umfeldern.
Fast parallel zu Ihrem Einstieg wurden alle Beratungsbereiche von IBM in die Brand IBM Consulting zusammengefasst. Haben Sie hierzu bereits eine Rückmeldung aus dem Markt erfahren?
Das Feedback vom Markt ist durchweg positiv. IBM Consulting hat mit der Breite und technologischen Tiefe des Portfolios so eine sehr einzigartige Positionierung im Markt. Hierzu zählt auch insbesondere unser IBM iX Team, unsere Experience Agency von IBM Consulting mit etwa 1200 Mitarbeitenden, die sich auf Agenturleistungen konzentriert
Darüber hinaus schätzt der Markt aber auch die Klarheit unserer übergreifenden neuen Aufstellung in der IBM in IBM Consulting, IBM Technology sowie das Team unserer unserer Kollegen aus dem R&D Bereich.
Als Sie Anfang 2022 Ihren Einstieg bei IBM Consulting selbst per LinkedIn-Nachricht kommuniziert haben, wurde dies von Marketingexperten als Kommunikationscoup gefeiert. Das Foto von Ihnen vor dem IBM-Office erreichte mehrere zehntausend Personen und führte zu mehr als 1.500 Reaktionen. Sehen wir Sie künftig noch mehr in der Rolle als „Social CEO“?
Absolut, ich muss gestehen, dass mir das sehr viel Freude bereitet. Es gibt auch unabhängig von meinem persönlichen Einstieg viele Themen, die mir am Herzen liegen und die es wert sind, berichtet zu werden. Ich liebe meine Arbeit und ich bin extrem dankbar für die Menschen, mit denen ich mich umgeben darf – es ist ein tolles Team. Und solche Themen zu teilen, macht mir sehr viel Spaß – seien es IBM-interne Themen, People- oder Kunden-Themen. Social Media ist für mich zum einen Networking, aber zugleich auch Positionierung und Transparenz nach innen und außen.
„Meine Arbeit mit den Kunden und mit den Teams wird mir immer wichtiger sein als alle Likes oder der Algorithmus dahinter.“
Ich schätze die Möglichkeit, soziale Bühnen wie die bei LinkedIn & Co. zu nutzen. Zugleich muss ich aber auch sagen, dass meine Arbeit mit den Kunden und mit den Teams mir immer wichtiger sein wird als alle Likes oder der Algorithmus dahinter.
Und das ist sicherlich auch gut so. Mit Ihrer übergreifenden Perspektive auf den Markt und etwa 23 Jahren Erfahrung als Beraterin: Welchen Karrieretipp können Sie Beraterinnen und Beratern an die Hand geben?
Ich würde gerne drei Tipps geben…
…umso besser…
Ich bleibe dabei: „Clients first“! Dass man auch als junger Berater oder junge Beraterin ganz eng am Kunden sein sollte und diese enge Kundenbeziehung im Verlauf der Karriere nie verlieren sollte. Ich denke, man kann im Consulting nur dann einen Mehrwert stiften, wenn man gerne mit und für den Kunden arbeitet.
Zum Zweiten: „People first“ oder auch „Take someone under your wing“! Dieser Punkt hängt eng mit dem Thema Mentoring zusammen. Ich selbst habe von einem ehemaligen Mentor gelernt: Nimm dir spätestens alle fünf Jahre einen neuen Mentor oder eine neue Mentorin hinzu. So lernt man für das Leben und baut sich ein Mentoren-Netzwerk auf. Mein persönliches Netzwerk ist mittlerweile weit über viele verschiedene Unternehmen hinweg zerstreut – und das ist sehr wertvoll.
Das Dritte: „Be famous for something“, was bedeutet, dass man eine klare persönliche Positionierung und Kompetenz haben sollte – sei es in einer Branche, in einem funktionalen Thema oder in einer Technologie. Bei IBM haben wir beispielsweise unsere so genannten Distinguished Engineers, eine eigene Community, die sich durch herausragende technische Kompetenzen einen Namen gemacht haben. Ich halte es für enorm wichtig, für einen ganz spezifischen Aspekt zu stehen. Wenn man „famous for something“ ist, ist man als Berater oder Beraterin weniger austauschbar und hat letztlich einen Wettbewerbsvorteil.
Herzlichen Dank für dieses Gespräch, Frau Rupp.
Das Original-Interview wurde auf der CONSULTANT career lounge an dieser Stelle veröffentlicht: „Clients first und People first!“ – Interview mit Christine Rupp, Market Leader DACH bei IBM Consulting – CONSULTANT career lounge